"Der Sandmann" als digitales Live-Theater

"Der Sandmann" als digitales Live-Theater

von Isabella Kreim

Was ist hier „echt“? Die unsichtbare Freundin vor der Tür oder der schemenhafte (Sand-) Mann im Zimmer, die Stimme im Kopf? Olympia, die virtuelle Traumfrau oder Clara, die Freundin im Videocall? 
Was ist real und was ist digital? Was ist live an diesem Theaterstream, was ist Film?

Wie virtuelle Wirklichkeit und Wahnvorstellungen immer mehr die Realität überlagern, wenn jemand wie der Informatikstudent Nathanael isoliert von der Außenwelt sich in seiner digitalen Welt verliert, ein Schreckgespenst aus seinem Kindheitstrauma, der Sandmann, in sein Zimmer eindringt und von ihm Besitz ergreift, und er sich schließlich in einen Avatar, eine von ihm lenkbare KI verliebt, gegen die seine reale Freundin Clara nicht ankommt, erzählt einiges über die Situation unserer Homeoffice-Isolation und zoom-meeting-Ersatzkontakte und führt E.T. A. Hoffmanns Schauergeschichte von dem dämonischen Coppelius und der „animierten“ Automatenpuppe stringent in die Gegenwart der digitalen Experimente mit Künstlicher Intelligenz.

Mit filmischen Überlagerungen der Live-Theaterszene bei dem Eindringen eines Phantoms in Nathanaels Studierbude oder dem bluebox-Effekt eines künstlichen Wesens vor blauwolkig-kosmischen Background sind faszinierende Umsetzungen im ja nicht sonderlich künstlerischen Medium zoommeeting entstanden. 

Auch die Darsteller, v.a. Peter Polgar und Theresa Weihmayr mussten im Dialog und im Zusammenspiel mit nicht im selben Raum agierenden KollegInnen neue Wege beschreiten. Und dennoch konnte die Intensität einer Theatersituation weitgehend erreicht werden

Alexander Nerlich und dem Technik-und Videoteam des Stadttheaters ist eine überzeugende Hybrid-Version aus digitalem und Live-Theater gelungen, weil der Stoff genau diese Grenzverwischungen zwischen realer und phantasmagorisch-virtueller Welt zum Thema hat und dafür klug adaptiert wurde.

Weitere Vorstellungen: 13 und 15. April. Tickets für 10 € www.theater-x-ingolstadt.de

Kulturkanal am 12.04.2021
    
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