von Isabella Kreim
Macht eine gemeinsam erlittene Katastrophe die Menschen hilfsbereiter und solidarischer? Oder ganz im Gegenteil, brechen sich die alten Vorurteile, hier gegen eine ledige Mutter und ihren nicht standesgemäßen Liebhaber umso wütender und brutaler Bahn?
Gibt es eine Rückkehr in das Vorher, in die alte Gesellschaft? Oder wäre es besser, irgendwo neu anzufangen, ohne den Versuch zu unternehmen, die Lernfähigkeit oder Versöhnungsbereitschaft der Gesellschaft zu testen?
Solche Fragen stellt Heinrich von Kleist mit seiner 1805 geschriebenen Novelle „Das Erdbeben von Chili“,
Josepha, Tochter aus gutem und reichem Hause, hat eine Liebesbeziehung zu ihrem Hauslehrer. Der Vater wirft diesen Jeronimo hinaus und schickt seine Tochter ins Kloster. Aber auch dort, im Klostergarten treffen sich die Liebenden. Während der Fronleichnamsprozession setzen die Wehen ein, Josepha bringt einen Jungen zur Welt. Der Skandal ist perfekt. Josepha wird zum Tod verurteilt, ihr Liebhaber kommt ins Gefängnis.
Im Moment des Erdbebens ist Josepha auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung, Jeronimo ist dabei, sich aus Verzweiflung darüber das Leben zu nehmen.
Das Erdbeben befreit Beide. Sie finden sich außerhalb der zerstörten Stadt in einem idyllischen Tal mit hilfsbereiten Menschen wieder. Doch dann gehen sie zu einem Dankgottesdienst zurück in die Stadt. Der Prediger hetzt die Gläubigen gegen die Sündigen, die vielleicht das ganz Unheil als Strafe Gottes heraufbeschworen haben, auf, J
Heute Abend ist Premiere von „Erdbeben in Chili“ im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt.
Der Kulturkanal hat mit Regisseurin Schirin Khodadadian und ihrer Dramaturgin Katrin Breschke gesprochen, die aus dem Prosatext von Kleist eine Bühnenfassung für Luiza Monteiro, Peter Reisser, Sascha Römisch und Enrico Spohn erstellt haben.
Foto: Ritchie Herbert