von Isabella Kreim
„La Clemenza di Tito“, die Huldigung auf einen grundgütigen Herrscher aus dem alten Rom, ist eine nicht sonderlich beliebte Mozart-Oper. Dazu kommt, für einige Besucher*innen wie Pausengespräche zeigten, durchaus irritierend: Die Liebhaber Sesto und Annio sind Hosenrollen, werden also von Mezzosopranistinnen gesungen und gespielt.
Wie spannend das sein kann, zeigt im Ingolstädter Stadttheater ein Gastspiel vom Staatstheater Augsburg. Der Inszenierung von Wojtek Klemm gelingt es, Anteilnahme zu erwecken an den hochemotionalen Gewissenskonflikten der Protagonisten und gleichzeitig von einem in einem neutralen Heute angesiedelten Staatswesen zu erzählen, in dem es dann doch nicht so friedlich und gutmenschenhaft zugeht, wie es dieser selbst seinem Attentäter verzeihende gütige Herrscher Tito glauben machen will.
Der römische Kaiser Titus ist mit dem auch wunderbar warm und schlank singenden Mirko Roschkowski im schwarzen Anzug und auch mal mit Sonnenbrille und Sneakers eine gewinnende Mischung aus Popstar und lässigem Politiker. Einer, der gerne feiert. Einer, der generös entscheidet, wer sein Freund sein darf, der selbstverliebt tänzelnd im Jubel des Volks badet und nicht sieht, wie diese fähnchenschwingenden Kind-Menschen nur Marionetten seines Polizeichefs sind. Einer, der seinem Attentäter vielleicht nur verzeiht, weil er ihn mit dieser Großmut am meisten demütigt. Ein Blender, der berauscht von seiner eigenen Gutherzigkeit mitten in einer Arie Pirouetten dreht.
Foto: Jan-Pieter Fuhr, Staatstheater Augsburg