von Isabella Kreim
Was für eine wunderbare Vision einer Welt, in der Musik und tänzerische Bewegung, Komik und zarter Liebesschmerz und traumschöne Bilder einen betörenden Zauber entfalten, bevölkert von Menschen, die ihre Geschlechterzuordnungen und auch sozialen Rangordnungen weitgehend überwunden haben.
Philipp Moschitz entführt und verführt uns mit seiner Inszenierung von Shakespeares „Die zwölfte Nacht oder Was ihr wollt“ in ein wundersames Universum aus leidenden und lächerlichen, bewunderswerten und liebenswerten Individuen.
Wie selbstverständlich erzählt Shakespeare vor 400 Jahren von queeren Persönlichkeiten. Regisseur Philipp Moschitz hat dieses aufregende Spiel mit Geschlechteridentitäten noch ein wenig weiter getrieben, indem er den Herzog Orsino, in den sich Viola (Luiza Monteiro) bzw. sein Diener Cesario verliebt, mit einer Frau, Karolina Nägele, und die von Orsino Angebetete Olivia mit einem Mann, Fabio Savoldelli, besetzt hat.
Das Glaubwürdigkeitsproblem, dass niemand merkt, dass diese als Mann verkleidete Viola eigentlich eine Frau ist, ist vollständig aufgehoben. An die Stelle von Verkleidungen ist ganz ohne plumpen Kommentar zur aktuellen Diversity- und Genderdebatte die Normalität queerer Persönlichkeiten getreten.
Der Regisseur für schräge Shows in Ingolstadt wie Der kleine Horrorladen oder zuletzt Hedwig and the angry Inch, hat diesmal eine fein abgestimmte Melange aus großem Musiktheater und Jahrmarktsstaunen, Tanztheater und Commedia, Titanic und Rocky-Horror-Show, barocker Lebenslust und frivolem Wortwitz gezaubert: heiter und traurig, fulminant und zart.
Foto: Pedro Malinowski