von Isabella Kreim
Es ist eine unwirkliche Szenerie zwischen futuristisch und dystopisch. Eine riesige dunkle Halle ohne Tageslicht. Auf der Rückwand flirren digital verfremdete Bilder einer Operation, eine Pinzette die feine Hautschichten abzupft, später ist zu Mondlandschaften verfremde Natur zu sehen, eine Meeresbucht, ein einzelner Mensch in einer öden Felslandschaft. Flirrende elektronische Sounds von Jacob Suske. Zivilisationsmüll und menschliche Torsi als Kunstrelikte und Schaufensterpuppen. Dazwischen zwei Frauen in weißen Overalls. Ein raum-zeitliches Zwischenreich. Aufzeichnungen aus der Zukunft.
Der Spielort für diese außergewöhnliche Downtown-Produktion des Stadttheaters Ingolstadt „Ich war ein Mensch“ war die Carissma-Forschungshalle der THI, in der normalerweise Autocrahtests gemacht werden. Mit Menschen-Dummies. Künstlichen Menschen. Sehr passend. Denn es geht in „Ich war ein Mensch“ um eine Welt, in der es keine Menschen mehr gibt.
Die Berliner Autorin Katharina Schlender nimmt mit ihrem Text eine spannende Zukunftsperspektive ein. Wie würde einer der letzten Menschen erzählen, was das Menschsein ausgemacht hat. Das Menschsein und: die Menschlichkeit. Und Katharina Schlender findet dafür schöne sprachliche Bilder.
Der Ellenbogen, mit dem man andere, Konkurrenten auf Abstand gehalten hat und gleichzeitig hat man ihn ausgestreckt, um andere zu umarmen. Menschlichkeit ist, für einen anderen etwas zu tun. Was waren Lebensfreude, Glück. Der Geruch von Apfelkuchen vielleicht. Was hat es bedeutet, wenn ein Mensch einem anderen die Hand auf die Schulter gelegt hat? Ja, Menschen konnten einander Trost spenden.Und irgendwann kam das Ding. Der Supercomputer. Und damit gibt es die Menschen, von denen hier erzählt wird, nicht mehr.
Die Schauspielerin Mira Fajfer und der Videokünstler Stefano di Buduo haben bereits während des Lockdowns eine eindrucksvolle Kurzfilmserie mit diesen Texten für die Sparte x des Stadttheaters gemacht. Nun haben sie den gesamten Text von Katharina Schlender uraufgeführt und daraus einen grandiosen Theaterabend inszeniert, indem sie den Text auf zwei Frauenfiguren aufgeteilt haben, eine ältere, Kathrin Becker und eine Jüngere, Mira Fajfer, die in einen Dialog und in wechselnde Beziehungskonstellationen treten. Es beginnt mit einer Befragung, wird zu einem Dialog eines Alter Ego, ergänzend, aber auch widersprechend, durchmisst viele Stationen eines Mit- und Gegeneinander. Grandios, wie diese beiden Darstellerinnen dem eher deskriptiven Text mit ihren Aktionen und Interaktionen emotionales Leben geben.
Mit weiteren szenischen Eingriffen wird die Textfläche klug und theatralisch eindrucksvoll strukturiert....
Respekt!