von Heike Haberl
Heute Abend steht am Stadttheater Ingolstadt schon die nächste Spielzeit-Premiere an: Hanoch Levins „Requiem“ wird in der Regie von Intendant Knut Weber im Kleinen Haus erstmals in deutschsprachiger Übersetzung aufgeführt. Der Autor, der als Israels bekanntester, produktivster und kontroversester Dramatiker gilt und 1999 im Alter von nur 55 Jahren starb, nannte das Werk selbst ein „Todesmärchen“ - und tatsächlich ist es nicht nur eines der letzten Theaterstücke aus seiner Feder, sondern auch das letzte Stück, das er selbst in seiner Heimatstadt Tel Aviv inszeniert hat. Die Grundlage bilden drei Erzählungen von Anton Tschechow.
In einem Dorf namens Pupka lebt ein altes Ehepaar. Der Mann verdingt sich als Sargbauer, aber seine Geschäfte laufen schlecht, weil eine mysteriöse Krankheit die Dorfbewohner dahinrafft. Nun erkrankt auch die Frau des Sargbauers, und dem Alten wird bewusst, dass ihnen nicht mehr viel gemeinsame Zeit bleibt. Angesichts des nahen Todes bereut er, dass er nie wirklich gut zu seiner Frau gewesen ist. Er überwindet seinen Geiz und macht sich mit ihr auf den Weg zu einem dubiosen Krankenpfleger im Nachbarort. Auf der Kutschfahrt dorthin begegnen ihnen weitere Mitreisende: zwei abgehalfterte Huren sowie ihre versoffenen, widerwärtigen Kunden und eine junge Mutter mit ihrem sterbenden Säugling. Und dann ist da noch der nach außen hin stoisch wirkende Kutscher, der vor kurzem seinen Sohn verloren hat, dem aber niemand zuhört außer sein Pferd. Sie alle scheinen ihr Leben längst hinter sich gelassen zu haben. Die Reise dieser Verlorenen begleiten drei Engel als heiter und hoffnungsvoll gestimmte Seelenfänger.
Die Musik zu Hanoch Levins „Requiem“ hat der Schweizer Komponist und Musiker Olivier Truan, der bereits mehrmals beim Jugendkultursommer in Ingolstadt zu Gast war, neu komponiert und damit seiner Band wie auch dem Schauspielensemble auf den Leib geschrieben.
„Requiem“ von Hanoch Levin – ein Abgesang, ein letztes Schwelgen in Erinnerungen, ein tragikomischer Text über verpasste Gelegenheiten und die Vergeblichkeit menschlichen Strebens – wie der Suhrkamp Verlag, bei dem das Werk erschienen ist, schreibt. In einer Übersetzung von Doron Hamburger und Frank Weigand hat es heute Abend um 20 Uhr Premiere als deutschsprachige Erstaufführung im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt.
Foto: Jochen Klenk