von Isabella Kreim
Er kann nicht tanzen, keine Rätsel lösen, nicht fechten und schon gar nicht küssen. Und mutig ist er sowieso nicht. Dieser Prinz Owain. Und ausgerechnet dieser Junge, der wie sein Vater sagt, zu nichts nutze ist und nichts kann, soll die Prinzessin aus ihrem 100jährigen Schlaf hinter der Dornenhecke befreien?
Ja! Er besiegt die Feen im Wett-Tanzen, löst die Rätsel der Spinnenkönigin, besiegt sogar die Hexe der Finsternis mit seinem Degen und dass er die Prinzessin küssen muss, wird diese aufgeweckte 16jährige ihm wohl selbst beibringen.
Mit dieser Erfindung eines Anti-Märchenprinzen oder der eines bei einem Verwandlungsversuch der guten Fee nicht ganz geglückte Drachen Gryll, der halb Mensch geblieben ist, nur eben ein ziemlich hässlicher und nicht einmal Feuer speien kann, hat der britische Autor Charles Way den Dornröschenstoff spannend, phantasievoll und anrührend neu erzählt.
"Rose mit Dornen (Sleeping beauty)" hatte letzten Samstag Nachmittag als das Wintermärchen im Großen Haus des Stadttheaters eine umjubelte Premiere. Denn die Inszenierung von Martina van Boxen setzt dieses Spannungsfeld aus zauberhafter und bedrohlicher Feenwelt, subtiler Pubertätsproblematik und Märchen, Identitätssuche, Coming of Age und dem hier weiblichen Kampf zwischen Gut und Böse, personifiziert in den rivalisierenden Schwestern, der Hexe des Lichts und der der Finsternis, mit ihrem 7- köpfigen Ensemble in Mehrfachbesetzungen wunderschön, poetisch und spielerisch, mit Gefühl und Witz, um.
Foto: Ritchie Herbert