von Isabella Kreim
Überraschend, mit nicht einmal 70 Jahren, ist der Regisseur Michael Bleiziffer letzten Mittwoch gestorben. Er war von 1982 – 95 Oberspielleiter am Theater Ingolstadt. Über 50 Inszenierungen hat er in dieser Zeit hier gemacht.
Ich erinnere mich an seine erste Inszenierung in Ingolstadt. Georg Büchners Woyzeck. Die war ungewöhnlich und faszinierend. Hatte er doch in das realistische Stück eine metaphorische Ebene eingefügt, mit 2 engelartigen Figuren. Irgendwie befremdlich für Ingolstadt.
Michael Bleiziffer hatte damals den eisernen Vorhang überwunden. Der im Banat geborene hatte in Bukarest studiert und war Schauspieler und Regisseur am deutschen Theater in Temeswar in Rumänien. Dort hatte ihn der damalige Ingolstädter Intendant Ernst Seiltgen entdeckt und nach Ingolstadt eingeladen.
Und was hat er dann nicht alles in Ingolstadt inszeniert! Eigentlich immer mit Erfolg, weil mit großer Genauigkeit, mit Herzblut und in freundlich-lässiger Probenatmosphäre erarbeitet. Marieluise Fleißers Fegefeuer, und Hochhuths Der Stellvertreter, Brechts Kleinbürgerhochzeit und Leben des Galilei, die Troerinnen von Euripides , Goethes Iphigenie und Jonescos Die Stühle, Becketts Endspiel oder Dürrenmatts Besuch der alten Dame und Shakespeares „Sturm“ im Freilicht, aber auch Pippi Langstrumpf und den Räuber Hotzenplotz und viele andere Kinderstücke, als es noch kein Junges Theater in Ingolstadt gab.
Mit seinem präzisen Handwerk und Gespür für Timing gelangen ihm auch Komödien wie Ayckbourns „Schöne Bescherungen“ und - mir in besonders guter Erinnerung - die beiden Loriot-Abende in der Werkstattbühne und im Großen Haus.
Er konnte effektvoll, und er konnte subtil. Und am besten beides gleichzeitig. Ein Vollblut-Theatermann, der exaktes Arbeiten einforderte, aber nicht, weil er sich selbst so wichtig nahm.
1996 wechselte Michael Bleiziffer ans Theater Regensburg, und war dort 16 Jahre lang Oberspielleiter des Schauspiels. Vor allem seine Faust-Inszenierung mit Martin Hofer und Adele Neuhauser, die später als Wiener Tatort-Kommissaren bekannt wurde als Mephisto war eine Wucht und stand dort jahrelang auf dem Spielplan.
Nach seiner Pensionierung arbeitete er als freier Regisseur an verschiedenen Theatern , u.a.am Landestheater Salzburg.
Eine Wiederbegegnung gab es in Vohburg. Er inszenierte dort mit dem engagierten Laienensemble 2015 das Kgl. Bayerische Amtsgericht, zwei Jahre später den Geisterbräu von Joseph Maria Lutz und schließlich 2019 eine bayerische Version von Ibsens Volksfeind mit dem Titel Mit allen Wassern gewaschen.
Und wie immer: Michael Bleiziffer mit langen Haaren, allerdings inzwischen grau geworden, in Jeans, und mit Zigarette, souverän, alles im Griff habend, diszipliniert und entspannt zugleich. Hier ein kleiner O-Ton von damals
Noch in diesem Juni hat Michael Bleiziffer für das Schildberger Hoftheater bei Aichach Shakespeares Romeo und Julia ebenfalls mit Laiendarstellern inszeniert. Nun ist er kurz vor seinem 70. Geburtstag verstorben.
Er hat das Ingolstädter Theater in den 80er und 90er Jahren mit seiner Vielseitigkeit, seinem Können, seiner Theaterbegeisterung und der Handschrift einer jüngeren Generation sehr stark geprägt. Bestattet wird er an seinem 70. Geburtstag in seinem Geburtsort St. Anna in Rumänien
Foto: Michael Bleiziffer mit Darsteller Peter Schärringer bei Proben in Vohburg 2019 (ik)