von Isabella Kreim
Heinrich von Kleist hat sein Leben lang nach seinem Platz in der Gesellschaft, vor allem aber nach seinem eigenen Weg gesucht. Standesgemäß im Militär und Staatsdienst, in Paris, in der Schweiz, in Königsberg und Berlin und vor allem als Dichter. Und er hat dieses Ringen um seine Lebensbestimmung und das gleichzeitige Nachdenken und Philosophieren über das Glück und die Rolle des Ich gegenüber den anderen schonungslos selbstkritisch beschrieben und sprachlich ebenso präzise wie poetisch gestaltet.
Und doch bleibt Heinrich von Kleist oft rätselhaft. Ist der Autor der Komödien „Amphytrion“ und „Der zerbrochene Krug“ wirklich identisch mit dem der heroischen Tragödien „Penthesilea“ oder der „Hermannsschlacht“?
Welche Widersprüche hat er zu gestalten, aber auch zu leben versucht!
Die Schauspielerin Kristine Walther - um die Jahrausendwende war sie 3 Jahre lang Ensemblemitglied des Stadttheaters Ingolstadt,- macht in ihrem großartigen Theatermonolog aus Kleist-Zitaten „Kleist – Wenn ich dich nur hätte“ mit ihren unermüdlich veränderten Positions- und Verhaltensvarianten die Bühne zur Metapher für ein Leben und Dichten auf der Suche nach Wahrheit und der eigenen Bestimmung und dem ständigen Scheitern, der Instabilität aller eingenommenen Haltungen und Lebensverhältnisse.
Die Schauspielerin Kristine Walther verdichtet die inneren und äußeren Konflikte des Heinrich von Kleist in einer Textcollage aus Briefen, Aufsätzen und Szenen, die grob der Chronologie seines kurzen Lebens folgen. Bekanntlich hat Kleist sich und eine todkranke Freundin mit nur 33 Jahren am Wannsee erschossen.
So wie Kristine Walter körperlich ständig aus dem Gleichgewicht des Körpers kippt, auf einem Fuß oder auf den Zehen balanciert, zu Boden geht, Rollen einnimmt und sofort wieder dekonstruiert, ist Kleist nie zur Ruhe gekommen, immer zerrissen zwischen extremen Lebensmöglichkeiten.
Gestern hat sie damit im Ingolstädter Altstadttheater gastiert und mit diesen 80 intensiven Minuten das kleine, aber konzentriert zuhörende Publikum beeindruckt und begeistert.
Foto: Stefania Neri