von Isabella Kreim
"Teil‘s – teil‘s" Teils Stanke, teils Lechner. Sehr lapidar. Aber Teil’s ist auch eine Anspielung auf eines der Grundprinzipien beider Künstler.
„Teile“ nennt Marco Stanke seine Arbeiten. Da schwingt ein bisschen bayrisches Understatement des in München lebenden Künstlers mit. Es meint aber auch, dass sich sein Pool an Arbeiten, immer wieder stimmig zu einem Ausstellungsgesamten zusammenfügen lässt. Einige dieser Arbeiten waren, zum Teil ganz anders installiert, bereits im Sommer für wenige Wochen im Kunstverein Ingolstadt in der Theatergalerie zu sehen.
Und die Teilung ist bei Alf Lechner eine zentrale Gestaltungsmethode. Fragemente, Bruchstücke, Ausschnitte eines gedachten Ganzen sind wichtige Aspekte in den Arbeiten beider Künstler. Bei Lechner als ablesbarer Arbeitsprozess im Umgang mit dem Material Stahl, und auch bei Marco Stanke spielt das bewusst unfertig, unvollkommen Wirkende eine zentrale Rolle.
Beide Künstler schaffen mit ihren Materialien etwas Unvorhergesehenes, manchmal sogar unsinnig im herkömmlich Umgang mit ihren Materialien Wirkendes. Alf Lechner rollt und faltet Stahl wie einen Teppich oder eine Decke, die man aufzurollen versucht oder er legt zwei gebogene, man könnte auch sagen verbogene Stahlplatten übereinander. Marco Stanke biegt und klappt Leinwände und Keilrahmen in den Raum, als wäre da beim Transport etwas kaputt gegangen. Aber natürlich geschieht bei Beiden das Ausloten der Grenzen des Materials und eine gewisse ironische Irritation der Sehgewohnheiten und Kunsterwartungen mit höchster Präzision.
Marco Stanke arbeitet mit den Materialen seiner Zunft, Keilrahmen, Leinwand, ein wenig Farbe und meist den strengen geometrischen Formen der Konkreten Kunst. Aber das farbige Quadrat sitzt nicht exakt auf dem weißen Bilduntergrund, die Leinwand ist an einigen Stellen deforniert oder beschädigt und irgendwo ist eine Ecke nach oben gebogen, Keilrahmen sind zu linearen Formen montiert und anstelle der Leinwand bemalt. Irritationen der Erwartungshaltungen an ein Bild oder an gängige Präsentationsformen in Kunstmuseen und Galerien sind hier quasi der Bildinhalt. Der Fehler im System oder die Tücke des Objekts sind hier die entscheidenden „Bildinformationen“. Marco Stanke ist alles andere als ein Dilettant , und ein Schlamper ist er auch nicht. Er inszeniert mit hoher Präzision und gleichzeitig spielerischer Leichtigkeit seine Malerei auf Leinwand oder Keilrahmen.
Der Stahlbildhauer und der 52 Jahre jüngere Maler – unterschiedlicher könnten die Materialien und vielleicht auch der Background beider Künstler kaum sein. Und doch hat diese Ausstellung den verblüffenden, und durchaus auch vergnüglichen Aspekt, dass man sich ganz schön irren kann in der Zuschreibung, welche Arbeit nun von welchem Künstler ist. Denn: Nein, die 16 Rundstelen, die da so unregelmäßig wackelig auf dem Boden stehen, sind nicht vom Bildhauer Lechner, sondern vom Maler Stanke. Während die zart gezeichneten Kreuze auf Papier von Alf Lechner stammen, obwohl sie so ähnlich aussehen wie die kreuzartigen, verbogenen schwarzen Rahmen an der Wand von Marco Stanke. Und wer hat die 16 Kreise freihändig auf das weiße Papier gemalt? Der Maler Stanke. Aber es hätte auch eine Lechner-Zeichnung sein können....