von Heike Haberl
In unserer heutigen Feiertags-Ausgabe steht der neue, monumentale Historienroman des Pfaffenhofener Autors Steffen Kopetzky im Mittelpunkt. „Damenopfer“ heißt er – und widmet sich unter diesem vielsagenden Titel einer weitgehend in Vergessenheit geratenen Frauenfigur des frühen 20. Jahrhunderts: Larissa Reissner. Sie war eine faszinierende Spionin, Strategin, Diplomatin, Geheimagentin, Journalistin, Schriftstellerin, Künstlerin und Muse zur Zeit der russischen Revolution. Seine Protagonistin mit ihren vielen beeindruckenden Qualitäten und ihrer immensen Ausstrahlungskraft, die schon Boris Pasternak in „Doktor Schiwago“ verewigte, stellte Steffen Kopetzky nun auch in der Reihe „Schrobenhausen liest“ im Pfarrsaal vor. Damit war er bereits zum vierten Mal Gast dieses Lesefestes. Und das Publikum lauschte seinen Ausführungen gespannt.
In „Damenopfer“ stößt Larissa Reissner als russische Gesandte in Afghanistan auf die Pläne eines deutschen Militärstrategen, der die Kolonialmacht England zerstören will. Sie geht auf die Suche nach dem Verfasser: Oskar Niedermayer, der schon in Kopetzkys Roman „Risiko“ eine Rolle spielt. Ihn will Reissner mit allen Mitteln ausfindig machen, denn der Sieg der Freiheit ist ihr Lebenssinn, die junge Schriftstellerin und Revolutionärin wird als Wundertochter ihrer Epoche gefeiert. Aus illustrer Familie, lernte sie schon als Kind Lenin kennen, sie kämpfte als Politkommissarin der Wolgaflottille; Pasternak und Trotzki bewundern sie.
Von Moskau bricht die junge Frau auf nach Berlin – zu ihrer größten Mission: Sie soll ein geheimes Bündnis zwischen der Sowjetunion und dem deutschen Militär vermitteln, verkörpert durch General Tuchatschewski, den «roten Napoleon», und jenen schillernden Ritter von Niedermayer. Doch Larissa verfolgt ihre eigenen Ziele. Zwischen ihr und den beiden Männern entspinnt sich ein Beziehungsgeflecht, das enorme Sprengkraft hat – in amouröser wie politischer Hinsicht. Ein außergewöhnlicher Roman, in dem Ho Chi Minh ebenso zu Wort kommt wie die Lordsiegelbewahrer des britischen Weltreichs oder die Dichterfürstin Anna Achmatowa, heißt es in der Beschreibung durch den Verlag.
Larissa Reissner starb im Februar 1926 im Alter von nur 30 Jahren an den Folgen ihrer Typhus-Erkrankung. Und so hat Steffen Kopetzky ihre Beerdigung / ihr Begräbnis zum zentralen Dreh- und Angelpunkt seines Romans gemacht, um den herum sich alle Fäden spinnen.
Der neue, opulente und vielschichtige Roman beeindruckt nicht nur durch seine akribische Detailrecherche, sondern auch durch seine erzählerische Eleganz und seine imposante Sprachmächtigkeit. Das Buch ist beim rowohlt Verlag erschienen, umfasst knapp 450 Seiten und kostet 26 €.