Theatertage: "Timetraveller's Guide to Donbas"

Theatertage: "Timetraveller's Guide to Donbas"

von Isabella Kreim

Am Ende wird erzählt, eine Kuh wurde geschlachtet. Was dies der Auslöser des Bürgerkriegs im Donbas, der 2014 begann?  Oder war dies der Auslöser eines Kindheitstraumas der Protagonistin?
Das Theater Hof gastierte mit einer Deutschen Erstaufführung, einem Zweipersonenstück der ukrainischen Autorin Anastasiia Kosodii mit dem Titel „Timetraveller’s Guide to Donbas“. Geschrieben hat die Autorin dieses Stück zwischen 2016 und 2018, als sie noch nichts vom Überfall Russlands auf die Ukraine wissen konnte , die kriegerischen Auseinandersetzungen im Donbas aber bereits seit Jahren anhielten.

Eine Frau, Historikerin, die 2013 13 Jahre alt war, reist mit dem Erfinder einer  Zeitmaschine aus dem inzwischen friedlichen  Jahr 2036 zurück in die Vergangenheit, in das Jahr bevor der Bürgerkrieg im Donbas zwischen prorussischen und ukrainischen Einheiten begann. Auf umständlichen Wegen nähern sie sich Luhansk,  wo die Zeitriesenden damals gewohnt haben.
Die beiden Menschen aus unterschiedlichen Generationen wollen den Auslöser des Kriegs im Donbas finden. Und je länger die Reise dauert, desto mehr Erinnerungen tauchen auf, Veränderungen werden festgestellt. Straßen wurden umbenannt. Aus einer Bergwerksregion ist ein Agrarland geworden. Gibt es die Kirsch- und Aprikosenbäume der Kindheit noch? Wie war das, als es noch alle Möglichkeiten einer friedlichen Welt gab?

Schauspieldramaturg  und Regisseur Philipp Brammer braucht nur eine leere Bühne, zwei Stühle und eine klare Lichtregie, die eng umgrenzte Spielräume aufmacht, um Cornelia Wöß und Maurice Daniel Ernst auf diese Zeitreise zu schicken. Die poetische, stark metaphorische Erzählweise wird also nicht zusätzlich mit Bildsymbolik aufgeladen. So können die Darstellerin und der Darsteller allein durch ihr präzises Abklopfen des Textes situative Räume aufmachen. 
Eine sehr kluge und glänzend gespielte Inszenierung vom Theater Hof eines Theaterstücks, das auf sehr eigene und  wohl auch persönliche Weise das Phänomen Krieg zu einer inneren Reise eines davor  und danach abstrahiert.  Was löst einen Krieg aus? Ist es nicht genauso absurd, eine geschlachtete Kuh dafür verantwortlich zu machen wie das, was Militärs und Politiker als Gründe anführen? 

Kulturkanal am 13.06.2024
    
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