von Isabella Kreim
Das Ingolstädter Altstadttheater hat zum 50. Todesjahr von Marieluise Fleißer eine TheaterProduktion uraufgeführt. Theaterleiterin Leni Brem-Keil schrieb ein eigenes Zweifrauenstück mit dem Titel „Frag Fleißer“ und sie hat es als Open-Air-Sommer-Theater im beschaulichen Garten der Gnadenthalschulen inszeniert. Gespielt wird noch von 8. – 11. und am 13. August.
Lucy, die junge Schriftstellerin von heute wehrt sich zunächst vehement gegen diese aufdringliche Person, die immer wieder dort auftaucht, wo sie sich zum Schreiben zurückgezogen hat, auf eine Bank unter einem großen Baum, und die ihr sagt, an ihrem gerade geschriebenen Satz stimme etwas nicht und sie dabei auch noch penetrant duzt. Total übergiffig. Lucy ist sowieso nicht so gut drauf. Die Mücken nerven sie, der Müsliriegel schmeckt scheußlich, die Blätter ihres Manuskripts fliegen durcheinander, und der Versuch mit ihrem Text weiterzukommen, scheint mühsam.
Lucy versteht lange nicht, wer diese aufdringliche Person ist, die sich da in immer wechselnden Erscheinungen einmischt.
Diese tote Schriftstellerin Fleißer hat Lust an Verkleidungen und daran, viele Rollen zu spielen, die sie im realen Leben nicht spielen konnte. In Hut, Sonnenbrille und Jeans als muntere Omi, aber auch im grünen Glitzeranzug als Singer-Songwriterin an der gläsernen und beleuchteten Ukulele oder im goldenen Glitzeranzug glamourös – und dann richtig absurd in einem aufblasbaren überdimensionalen Plastik-Einhorn-Kostüm.
Diese Kostümierungen sind eine der witzigen Tricks, mit denen die Regisseurin Leni Brem-Keil der Autorin Leni Brem-Keil theatralisch auf die Sprünge hilft, damit hier nicht eine ältere, erfahrene in die Literaturgeschichte eingegangene Autorin, und erst recht nicht eine optische Kopie der Marieluise Fleißer, zur Besserwisserin gegenüber einer jungen Kollegin wird.
Die witzigen Dialoge und der Humor, mit dem diese beiden Frauen zunächst gar nicht konform über Schreib- und Lebenskrisen, Abhängigkeiten und den merkwürdigen Auftrag der Fleißer, die junge Autorin von heute zu unterstützen, plänkeln, macht diesen Abend sehr unterhaltsam.
Die Uraufführung von „Frag Fleißer“ macht aber auch deswegen so viel Freude, weil mit Pia Kolb als Lucy und Anne Müller als Fleißer zwei wunderbare und völlig gegensätzliche Schauspielerinnen aufeinandertreffen.
Pia Kolb muss gar nicht viel machen, um eine heutige, emanzipierte junge Frau zu verkörpern, die sich kühl und lapidar gegen Einmischung und Bevormundung wehrt, selbst wenn sie eigentlich durchaus Mitgefühl brauchen könnte. Und Anne Müller dreht im Kontrast dazu von Anfang an theatralisch lustvoll auf, verwandelt sich immer wieder in neue Figuren, hat offenbar große Lust ihren Auftrag als Bühne für wechselnde Rollenspiele zu begreifen und ihre Sprache kunstvoll theatralisch zu gestalten.
noch von 8.-11.und am 13. August, jeweils um 20.30 Uhr . Karten gibt es am einfachsten per Mail an kontakt@altstadttheater.de. Und an der Abendkasse.
Foto: Ina Wobker