von Isabella Kreim
Der einmalige Liederabend „Showtime – die besten Lieder der Welt“ mit Schauspielerin Anne Müller und Pianist Matthias Flake im Ingolstädter Altstadttheater hat wohl einige Besucher nachhaltig irritiert. Die Erwartungshaltungen des Publikums wurde mutig unterlaufen und so alte Songs neu hörbar gemacht.
Die Methode ist ein bisschen so wie in der zeitgenössischen Kunst seit Marcel Duchamp. Nimm einen als Massenartikel produzierten Alltagsgegenstand und stelle ihn in einem anderen Kontext auf ein Podest, in eine Vitrine in ein Kunstmuseum. Und er wird zur Skulptur, zum Kunstobjekt. Man nimmt seine Form, sein Material ganz anders wahr, als wenn er ein Gebrauchsgegenstand ist.
So ähnlich gehen Pianist Matthias Flake und Schauspielerin Anne Müller in ihrem Liederabend „Showtime – die besten Lieder der Welt“ mit tausendmal gehörten und gecoverten Songs von Queen, Tina Turner, Randy Newman oder Frank Sinatra - oder Robert Schumann, Mozart und Puccini um.
Eine junge Frau betritt die Bühne. Schüchtern. Mit ein bisschen zu leiser Stimme versucht sie drei Witze zu erzählen, zur Überbrückung, bis ihr Pianist da ist. Und verheddert sich total. Und dieses Scheitern am Witzeerzählen ist dann doch so kunstvoll, dass wir die grandiose Schauspielerin wiedererkennen, die im Sommer in einer Freilichtaufführung des Altstadttheaters in Leni Brem-Keils Theaterstück „Frag Fleißer“ so vielfältig eine Marieluise-Fleißer gespielt hat, die in die heutige Zeit zurückgekehrt ist, um eine junge Schriftstellerkollegin zu ermutigen,
Der Abend hat mit einer Irritation begonnen. Und dieser improvisatorische Anschein wird sich wie ein roter Faden durch den Liederabend ziehen.
Irgendwann wird Anne Müller von ihrem Einkauf im Supermarkt erzählen, von Kochschinken und was sie sonst noch gekauft hat und - intellektueller Quantensprung - Adorno zitieren. Als Showteil in der Show mit fingierten, aber realen Chats entnommenen Zuschauerzuschriften , einer abstrusen Diskussion über Reverenz-Aufnahmen von Beethoven-Interpretationen längst verstorbenen Dirigenten.
Einer der Höhepunkte des Abends: Matthias Flake spielt den Trauermarsch aus Beethovens 3. Sinfonie, und Anne Müller liest dazu den Kassenzettel mit ihren Einkäufen vor. Ziemlich schräg. Und total absurd, diese Collage aus dem Hehren und dem Trivialen.