von Isabella Kreim
Entwarnung: „Radio Sarajevo“ ist kein tristes, deprimierendes Kriegsstück, obwohl es davon erzählt, wie der 10jährige Tijan 1992 den Kriegsbeginn und die nächsten drei Jahre der Belagerung von Sarajevo erlebt.
Es wird gelacht an diesem Abend. Über diese Kinder und ihre pubertären Freuden und auch darüber, wie lebendig und lustvoll das 6-köpfige Ingolstädter Ensemble die vielen Coming- of-age-Geschichten in Zeiten des Krieges auf die Bühne bringt.
Die Bühnenfassung von Dinah Wiedemann des autobiografischen Buchs von Tijan Sila, (eine Uraufführung!), in der Inszenierung eines Regieanfängers, Redjep Hajder, im Studio im Herzogskasten des Stadttheaters Ingolstadt ist ein dichter, fesselnder nur 75minütiger Theaterabend.
Dass „Radio Sarajevo“ so hinreißend spielerisch funktioniert, ist in erster Linie einem genialen Einfall der Ausstatterin Lisa Chiara Kohler zu verdanken.
Sie stellt die Karosserie eines blau gestrichenen alten Golf 1 auf die Bühne, der typisch für das Straßenbild im Sarajevo jener Jahre war. Das Schrottauto kann gleichzeitig Schutzraum und gefährlicher Straßen-Spielplatz für die vielen Schauplätze sein.
Gerade wird noch ausgelassen im Auto zu westlicher Rockmusik gesungen und gerockt, so wird das Auto im nächsten Moment zum Keller, in dem die Familie und andere Hausbewohner dicht gedrängt die ersten Kriegstage überleben.
Die Granateinschläge und Schüsse sind keine Toneinspielungen, sondern werden durch den metallischen Knall des mehrmaligen Zuschlagens des Kofferraumdeckels erzeugt. Das knallt erschreckend. Aber der Krieg bleibt immer auch auf einer spielerischen Theaterebene mit dem Auto als Bühne....
Foto: Björn Hickmann