"Frankensteins Braut"; Tag der Menschenrechte

von Isabella Kreim

Dieses „Musical“ "Frankensteins Braut"  ist keine Publikumsbespassung, sondern ein sehr ernsthafter Theaterabend über die Verlängerung des Lebens durch ein Gehirnimplantat. Doch die Familie kommt mit dieser „Alexa“ in Menschengestalt nur schwer klar. Klug erzählt Autor und Regisseur Peter Lund eine berührende Familiengeschichte und fragt nicht nur nach der Verantwortung der Wissenschaftler für Experimente am Menschen, sondern auch nach der Fähigkeit des Umfelds, mit solchen wesensveränderten, computergesteuerten Angehörigen umzugehen.
Auch musikalisch bricht Komponist Wolfgang Böhmer mit den gängigen Entertainment-Elementen. Auch Jazzdance kommt hier nur als ironisch gebrochenes Zitat vor, etwa wenn das Ärzteteam grotesk-makaber mit Säge und magisch blau leuchtendem Implantat um den Operationstisch tanzt.
Zu erleben ist also auch eine Musiktheaterform, die die gängige Musical-Gattung neu definiert.
Diese im Auftrag des Stadttheaters Ingolstadt entstandene Frankenstein-Variante kommt ganz ohne die herkömmlichen Gruselelemente aus, mit der dieser Stoff so gerne popularisiert wird. Der Horror liegt in der gar nicht so fernen Realität von Gehirn-Computerschnittstellen. Die Frage „Wollen wir das?“, mit der sich auf der Bühne Maria und ihr Ehemann quälen, wird mit dem Musical „Frankensteins Braut“ auf einer sehr menschlichen Ebene durchgespielt. Und: Unterhaltsame Momente und Dialogpointen gibt es schon auch!

Die emotionalsten Momente waren gleich zu Beginn der zum 23. Mal von amnesty International initiierten Veranstaltung zum Tag der Menschenrechte. Mitveranstalter Theaterintendant Knut Weber überließ seinen Platz am Grußwort-Mikrofon einer Regieassistentin, der er an seinem Haus einen Job an der Supermarktkasse erspart hat: der Autorin, Regisseurin und Rundfunkautorin aus dem Iran, Negar Boghrati. Mit bewegenden Worten berichtete sie über die grausamen Methoden, mit denen das derzeitige Regime dort gegen Demonstranten und Regimegegner vorgeht, und sie gab den Opfern eine Stimme.
Mit der Bandura, dem 65saitigen Nationalinstrument der Ukraine sangen Anna und Svitlana Sonyk von den Schönheiten ihres Landes. Und begleitet von der Pandura las Jan Gebauer vom Stadttheater Ingolstadt einen Text und ein Gedicht des ukrainischen Autors Serhij Zhadan. Der derzeitige Shooting Star der ukrainischen Literatur, der gerade für seine Romane wie „Himmel über Charkiw“ den Friedenspreis des Dt. Buchhandels erhalten hat ist gegenwärtig hauptsächlich mit humanitären Hilfsaktionen in seiner Heimat im Donbas beschäftigt.
Rhetorisch brillant legte Kai Strittmatter, der Hauptredner des Vormittags, mit dem Blick eines Auslandskorrespondenten aus China und zuletzt aus Kopenhagen dar, welche Alarmzeichen wir in den letzten Jahren übersehen haben und wo wir zumindest heute genauer hinsehen sollten. Denn, so Strittmatter, wenn Putins Russland ein Sturm ist, dann ist China der Klimawandel.

Kulturkanal am 05.12.2022
    
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