von Isabella Kreim
Abschließender Höhepunkt der Veranstaltungen zum 50. Todesjahr von Marieluise Feißer war die Präsentation von Fleißertexten durch Nora Gomringer. Es war eine großartig lebendige und durchaus persönliche Hommage an die Fleißer einer angesehenen Autorin und Performerin.
Eine Lesung mag man diese visuell-akustische Performance nicht nennen. Zum einen hatte sie den Schlagzeuger Philipp Scholz an der Seite. Weniger für Zwischenmusiken als für prägnante Interventionen und Akzentuierungen der Prosatexte. Und auf dem Tisch lagen ein roter Apfel und ein Schal für die frierende und hungernde Junge Frau in der Erzählung „Der Apfel“ oder eine Dienstmädchenhaube und -Schürze für „Die Stunde der Magd.“ Diese Requisiten dienten einer spielerisch-theatralen Performance der Fleißer-Texte und unterstrichen das szenische, bildhafte Schreiben auch in Fleißers Prosa.. In diesen eineinhalb Stunden wurden Fleißers fast 100 Jahre alte Texte in der Jetztzeit lebendig.
Nora Gomringer ist selbst Autorin, hauptsächlich Lyrikerin, mit einem Prosatext hat sie 2015 den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. Und sie ist Sprach-Performerin. Begonnen hat sie als eine der ersten Poetry-Slammerin. Sie ist weltweit mit unterschiedlichen genreübergreifenden Projekten unterwegs und sie leitet das internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg.
Nora Gomringer machte auch ein weites Feld persönlicher Konstellationen auf. Eugen Gomringer, ihr Vater und Ingolstadt, Nortrud Gomringer, ihre Mutter, die Germanistin und Lion Feuchtwanger und die Fleißer. Zwischen den beiden großen Erzählungen „Der Apfel“ und „Die Stunde der Magd“ las Nora Gomringer Auszüge aus Avantgarde, in denen die Fleißer ihre ersten Begegnungen mit Liion Feuchtwanger und dem jungen Bertolt Brecht in München schildert.So wurden auch die verschiedenen Ebenen des autofiktionalen Erzählens der Feißer gespiegelt.
Nora Gomringer beeindruckte mit ihrer klaren prononcierten Diktion, in der jede Silbe, jede Formulierung so und nicht anders richtig sind, also so, wie eine Autorin Sprache begreift. - Und wie eine Performerin, die einen Text nicht zum Lesen, sondern zum Zuhören vermittelt.