Restaurierungswerkstatt im MKK
Einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit ermöglicht das Museum für ...
Den Abschluss der Tanztage Ingolstadt bildete in Kooperation mit dem Stadttheater „Junglebook reimagined“ im GH des Stadttheaters Ingolstadt der renommierten Tanzkomopagnie von Akram Khan aus Großbritannien, die in den letzten Jahren bereits einige Male in Ingolstadt beeindruckt hat.
Dieses Gesamtkunstwerk aus Tanz, Musik, Visuals, Text aus dem Off und Weltuntergangsvehemenz war in jeder Hinsicht überwältigend.
Die Wucht, mit der Akram Khan sein dringliches Weltuntergangsszenario im Gegensatz zu Walt Disneys niedlicher Tiergeschichte nach Kipling erzählt, erschlägt einen auch ziemlich.
Nach einem magischen Moment, in dem der Vorhang sehr langsam auffährt, die Tanzenden zunächst wie Schattenrisse bewegungslos verharren, bevor sie in wundersamer Zeitlupe ein Gefäß vom Boden aufheben, setzt die Katastrophe ein. Zu auch akustisch gewaltigem Donner zeigen animierte Zeichnungen, wie Weltstädte in Fluten versinken, Menschen sich auf Flössen zu retten versuchen und ein Mädchen in den Fluten zu Fischen und Quallen versinkt. Ein unheimlicher , Affenähnlicher Mensch, ganz offensichtlich hier der Böse, der Widersacher anstatt des Tigers und eine Horde anderer Tiere haben sich die Welt zurückerobert. Fast überflüssig zu sagen: Die Tiere haben hier keine Fellkleidung oder Tierköpfe, sondern werden alleine durch die Bewegungsmuster der Tanzenden anschaulich.
Das Mädchen, Mowgli, wird zunächst bedroht, dann bewundert, weil sie eine Überlebende der Spezies Mensch ist. Man wolle von ihr lernen.
Mowgli hat einen schweren Weg vor sich. Wir sehen immer wieder Rückblenden mit den Ratschlägen ihrer Mutter, auch als Jäger nicht gegen die Natur zu leben.
Dieses Gesamtkunstwerk arbeitet auch mit eingespielten Dialogen, die auf englisch aus den Lautsprechern schallen. Und Akram Khan zeigt, wie fulminant man auch auf Text tanzen kann, oder der gerade Sprechende choreographisch deutlich gemacht wird.
Es ist faszinierend, wie ein unsichtbarer Gazevorhang vor den Tanzenden und eine Projektionsfläche auf der Hinterwand mit den Projektionen und Videos von Yeast Culture plastische Räume suggerieren. Aus Opernhausähnlichen Logen wirkt der aus animierten Zeichnungen bestehende Rat der Tiere dennoch bedrohlich.
Der Zauber, mit dem hier in computeranimierten Zeichnungen aus weißen Konturen eine Elefantenherde oder niedliche Mäuse über die Bühne laufen oder ein Pfeil perfekt durch die Luft fliegt und die einzigartigen Choreographien dieser herausragenden Company werden aber immer wieder durch die Vehemenz überdeckt, mit der multimedial und laut auf die Körper im Publikum eingewirkt wird.
Ganz wunderbar und sogar ein wenig komödiantisch sind Baloo, der hier als ehemaliger Tanzbär das Mädchen Mowgli aufzuheitern versucht und die Katze Bagheera. 6 Tänzer tragen Kartons und bilden so in wechselnden Formationen die Schlange Kaa, die deshalb so gefährlich ist, weil sie ein Trauma vor Glaswänden hat. Offenbar war sie von Menschen mal in ein Terrarium gesperrt, so wie die Affen sich aus dem Versuchslabor der Menschen befreien mussten.
Die Natur schlägt zurück, und ohne Waffengewalt geht es nicht in diesem Dschungelbuch, dass Mensch und Natur einen versöhnlichen Weg finden können. Und auch wenn Mowgli mit ihren Freunden diesen Weg versucht – das Wasser steigt unaufhörlich.
Akram Khan richtet dieses dystopische Werk an die Kinder unserer Zeit Aber gerade Kinder dürften bei einem Besuch dieses Dschungelbuchs ziemlich verstört und verängstigt sein. Nicht wegen des dringlichen Appells der Weltrettung, sondern weil die Mittel , z.B. ganz einfach auch die Lautstärke, mit der uns hier Text und Sound um die Ohren geknallt werden und überall Gewalt droht, ziemlich massiv sind. Bei viel harmloseren Begegnungen mit Gewaltthemen gibt es Triggerwarnungen, hier stand „für Kinder ab 10 Jahren“. Hier zeigt sich, dass der enorme künstlerische Kraftakt an der Intention für eine junge Zielgruppe vorbeigeht. So etwas würde unter der Verantwortung des Jungen Theaters Ingolstadt nicht passieren, wo bei schwierigen Themen sorgsam bereits im Probenprozess mit Kindern deren Reaktionen beobachtet werden.