Welt der Geräusche: „Spinne spielt Klavier“ im Jungen Theater

Welt der Geräusche: „Spinne spielt Klavier“ im Jungen Theater

Wir berichten von der mobilen Theaterproduktion für Kinder ab 3 Jahren „Spinne spielt Klavier“, die am Samstag in der Werkstadtbühne im Jungen Theater Ingolstadt Premiere hatte.

Michael Amelung lässt einen Tischtennisball zwischen zwei Schlägern hin- und herhüpfen. Hört sich das nicht  wie der Hufschlag eines Pferdes an? Und tatsächlich hat er eine pferdekopfähnliche Maske auf und eine blaue Mähne, die er so kokett schüttelt wie ein weiblicher Teenager die langen Haare vor dem Selfie.
Christina Völz krabbelt inzwischen mit angewinkelten schwarzbestrumpfhosten Beinen und mit schwarzen langen Handschuhen an den Armen über den Boden und über ein kleines Gerüst aus sechseck-Waben: Eine Spinne.

Die Spinne versucht, wie das Pferd durch das Aufsetzen ihrer Beine auf den Boden Hufschlaggeräusche zu erzeugen. Das funktioniert solange das Pferd mit den Tennisbällen den Sound dazu macht. Es ist eben  nicht so einfach, solche Kausalitäten aus Aktion und Geräusch zu verifizieren.
Die kleinen Entdeckungen und Missverständnisse beim Kennenlernen und eine ganze Geschichte über den Wert von Geräuschen und Unhörbarkeit, vom Zuhören und den eigenen Qualitäten haben Regisseurin Momo Mosel und ihr Team erfunden.
Bei der Vorlage des Bilderbuchs „Spinne spielt Klavier“ von Benjamin Gottwald gab es für das Geräusch des Pferdehufschlags nichts weiter als 2 Bilder. Ein Reiter auf einem Pferd. Und ein Tischtennisschläger mit Ball und einem Pfeil, der die Bewegung signalisiert.

Momo Mosel hat für ihre Bühnenfassung  die Spinne zur Protagonistin gemacht und  eine Geschichte erfunden. Die Spinne  macht sich nach der Begegnung mit dem Pferd  auf den Weg, um ihr eigenes Geräusch zu finden. Und sie lauscht und fragt nach Geräuschen. Sie   hört das mit einem Kehrbesen auf Trommelfell erzeugte Geräusch des Windes, während sie von diesem Wind quer über die Bühne gewirbelt wird. Sie sieht eine Wolke mit Schluckauf. Michael Amelung tritt mit einem weißen fedrigen Schirm auf, und mit dessen Metallkappe stößt er immer wieder an die niedrige und von Metallstangen durchzogene Decke der Werkstattbühne. Auch ein Stein möchte gerne mal so  richtig großen Lärm machen, indem er in einen See plumpst. Die Spinne ist jetzt Michael Amelung,  Christina Völz im dicken grauen Pulli ein bewegungsloser Stein. Die Spinne schiebt den Stein einen imaginären Hügel hinauf.  Traut sich der Stein, zu springen? Ja und dann macht es platsch mit einem sanften Nachplopp. Eine Möve kreischt: Pommes. Sie hat  Hunger,  aber sie hat die anderen Möven und damit auch den Weg zur Nahrungsquelle  verloren. Dafür ist es sehr hilfreich, wenn man laut kreischend auf sich aufmerksam machen und hören kann, wo die Artgenossen sind.
Und schließlich begegnet die Spinne einer Schnecke. Michael Amelung trägt dabei eine weiße Haube mit zwei Fühlern. Die  Schnecke findet es schön, so still zu sein und auf die Geräusche der anderen zu hören, und sie animiert die Spinne ebenfalls zur Geräuschesammlerin zu werden, und mit  ihrem Spinnennetz all die verschiedenen Klänge einzufangen und wie auf einem Klavier hörbar zu machen. …

Wir haben mit dem Bilderbuchautor Benjamin Gottwald und Regisseurin Momo Mosel gesprochen.

Foto: Germaine Nassal

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