Flucht im Metaverse: "L3once und L3n4" im Jungen Theater
„L3eonce und L3n4 esc esc esc!" für junge Menschen ab 15. ...
Es gibt viel zu lachen bei dieser Freilichtproduktion des Ingolstädter Alttstadttheaters im lauschigen Garten der Gnadenthalschulen in der Ingolstädter Altstadt.
Aber es geht um ein ernstes Thema. Die Belastung der Eltern eines Fünfjährigen, bei dem Autismus diagnostiziert wurde. Wie verhält man sich „richtig“, wie bewältigt man die ständige Überforderung ?
„Kurzschluss“ ist das Zweipersonenstück der israelischen Autorin Noa Lazar-Keinan überschrieben, das die Leiterin des Altstadttheaters Leni Brem-Keil mit Greta Lindermuth und Jörn Kolpe inszeniert hat und dabei auch die Voraussetzungen schaffen musste, dass mehrere Personen aus dem Publikum mitspielen – garantiert ohne sich blamieren zu können. In dieser Publikumsmitwirkung liegt der hauptsächliche Spaßfaktor der Aufführung.
Das geht dann zum Beispiel so, dass eine Person aus dem Publikum jedes Mal einen Blechlöffel fallen lässt, wenn der Vater seinen Jungen ermahnt, ja nicht den Löffel fallen zu lassen.
Und das scheppert wunderbar! Denn gespielt wird auf der metallenen Fluchttreppe, die aus einem der Klassenzimmer in den Garten führt und deren Plattformen ebenfalls als Spielfläche genutzt werden.
Amüsant geht es los. David, der Ehemann und Vater hält uns, dem Publikum, das als Seniorenheimbewohner angesprochen wird, einen seiner Vorträge. Über das Buch, das er für seinen kleinen Sohn geschrieben hat. Über einen Superdoktor mit rotem Superman-Umhang. Eine Spontan-Erfindung, weil er seinem Jungen Itamar, der den Schlüssel zum Tagebuch seiner 9jährigen Schwester verschluckt hatte, die Angst vor dem Arzt nehmen wollte.
Aber David kommt nicht weit mit seinem Vortrag über die Darmentleerung in der Notaufnahme.
Ständig klingelt sein Handy. Seine Frau Neta. Er drückt sie weg. Schließlich bittet er eine Dame in der 1. Reihe, das Telefonat anzunehmen. Und so erfährt er: Seine Frau kommt heute nicht nach Hause. Sie ist einfach im Zug nicht ausgestiegen und weitergefahren, irgendwie nach Norden.
Aber dahinter steckt kein amouröses Abenteuer, sondern, das werden wir im Laufe des Abends immer klarer sehen, die Überforderung einer Mutter, deren Fünfjähriger Autist ist.
Eine Kurzschlussreaktion. Eine Auszeit, wenigstens für eine Nacht. In der Luxussuite, etwas anderes war nicht frei, eines Wellnesshotels.
Raffiniert springt das Stück auf unterschiedliche Zeitebenen zurück und wieder vor auf den Abend, als Neta verschwand.
Ein Jahr ist es her, dass die Familie aus der Bahn geworfen wurde. Die Erzieherin in der KITA hat Alarm geschlagen. Itamar zeigt problematische Verhaltensweisen, ist aggressiv gegen ein anderes Kind geworden. David erzählt vom Schock der Diagnose.
Und schnell wird deutlich, dass David diese Diagnose Autismus vehement verdrängt und negiert, während seine Frau Neta versucht, ihren Sohn ständig zu therapieren, um ihm seine Verhaltensauffälligkeiten abzuerziehen.
Das führt zu Streitereien zwischen den Eltern und auch zu Ausrastern gegenüber dem Sohn. Die Nerven liegen blank. Die Überforderung ist groß. Aber der Abend zieht uns immer wieder heraus aus der familiären Krisensituation durch lustige Nachspielszenen mit dem Publikum. ….
Die nächste Vorstellung von „Kurzschluss“, der Freilichtproduktion des Ingolstädter Altstadttheaters im Garten der Gnadenthalschulen ist am kommenden Samstag. Dann gibt es noch 6 weitere Vorstellungen von 5. – 7. Und 19.-21. Juni.
Foto: Ina Wobker