Spielclub im Stadttheater: „Girls*Power“
Wir berichten von einem Theater-Spielclub junger Mädchen, die mit Girls-Power auf ...
Bereits die Einlasssituation ist geheimnisvoll-vielversprechend. Auf dem nach vorne vergrößerten Podium der Ingolstädter Festsaalbühne stehen nicht Stühle und Notenpulte für das Orchester, sondern eine weiße Rotunde wie eine Art kuppelloses Zirkuszelt, von einer Girlande von Scheinwerfern auf dem Boden angestrahlt. Dann zunächst ein Schattenspiel, bevor die Vorhänge des Rundbaus zur Seite geschoben werden.
Angekündigt war der für Kinderkonzerte gerne benutzte „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens mit dem Aurora-Orchestra aus London. Aber anstatt vom Einzug der Löwen, von den Schildkröten, dem Elefanten, den Kängurus und dem Kuckuck zu erzählen, sind ganz andere Geschichten zu erleben. Die Schauspielerin Birgit Minichmayr als Erzählerin gibt Einblicke in die Welt der Musikinstrumente und ihrer Spieler und ihr nicht immer leichtes miteinander. So ist etwa der Klarinettist so schüchtern und aufgeregt, dass er nur zwei Töne, eine Terz nach unten spielen kann: den Kuckucksruf aus Saint-Sains „Kuckuck in der Tiefe der Wälder“.
Und da ist als zentraler Akteur auf der Bühne der geheimnisvollen Dr. Frompou, der als dämonischer Dompteur im Frack seinen Instrumenten-Zoo vorführt. Der großartige Tänzer Christopher Akrill ist Dirigent und Magier, schlichtet den Streit zwischen den beiden Pianisten, indem er eine weiße Friedensfahne aus dem Flügel holt. Er unterstreicht die Musik tänzerisch, oder er schiebt das Marimbaphon auf Rollen ständig auf der Bühne hin und her, sodass der Spieler immer hinterher laufen und in schier unmöglichen Positionen spielen muss, nachdem er vorher – sehr lustig – mit Rassel oder Tamtam mehrmals die falschen Instrumente zum Einsatz bringen wollte.
Das Auroraorchester ist ein 13köpfiges Ensemble aus Instrumentalsolisten, die nicht vor den Notenpulten sitzen, sondern als DarstellerInnen mitwirken. Und da spielt das Cello dann auch mal kurz im Stehen. Die Geigerin lässt sich als Solistin in der Nummer „Aquarium“ von vier starken Männern wie eine Tänzerin in die Luft stemmen und spielt in luftiger Höhe.
In der Inszenierung von Jane Mitchell und Scott Graham entstehen Szenen voller Poesie und Magie, mit einem Funken Humor..
Nach dem inhaltlich vollkommen uminterpretierten „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens gab es noch einen zweiten Teil, den der 1965 geborene britische Komponist Richard Ayes als Dr. Frompou’s Laboratorium mit zeitgemäßeren Klängen und Rhythmen weitergeschrieben hat. Nun sind die Orchestermusiker als Versuchsobjekte eingekerkert, wir erfahren die Lebensgeschichten der Klarinette oder des Saxophons – und schließlich wagen die Bratschen den Ausbruch in die Freiheit. ..
So theatralisch packend wie mit dieser Produktion erlebt man selten ein inszeniertes Kinderkonzert.
Foto: Brieger